Referieren wird am kommenden Donnerstag um 19h in Raum610:
19. April
Nora Ruck:
Die Physis als Zeichen für Leistungsfähigkeit oder biologische Fitness? Zur Geschichte der ›Entzifferung‹ körperlicher Schönheit
Die Arbeit am eigenen Körper und die Vergrößerung der ihm zugeschriebenen Schönheit sind beinahe zu einer bürgerlichen Pflicht in der spätkapitalistischen Leistungsgesellschaft geworden. Der bislang ungebrochene Trend, den eigenen Körper mit teils extremen Mitteln wie Schönheitschirurgie oder Hungerdiäten ästhetisch zu formen und umzugestalten, weist darauf hin, dass körperliche Schönheit mittlerweile in einem doppelten Sinne ein Merkmal gesellschaftlicher Leistungsträger_innen geworden ist: Sie verweist auf eine Arbeitsleistung und auf finanzielle Ressourcen, um sich die teils sehr teuren Eingriffe leisten zu können. Zuhauf widersprechen einer solchen Zeitdiagnose allerdings psychologische AttraktivitätsforscherInnen, denen zufolge körperliche Schönheit ein Zeichen für biologische Fitness sein soll, also etwa auf Fruchtbarkeit oder ein gutes Immunsystem hinweisen soll. Auf den ersten Blick stehen sich diese beiden Theorien unvereinbar gegenüber: Was (käuflich) erwerbbar und erarbeitbar ist, kann kein Laune der biologischen Natur sein und umgekehrt.
Ich will jedoch in meinem Vortrag zeigen, dass diese beiden Theorien über körperliche Schönheit eine wesentliche Gemeinsamkeit haben: Beide gehen davon aus, dass Schönheit ein Zeichen für etwas „Anderes" ist, sei es Arbeitsfähigkeit oder finanzielle Potenz einerseits, sei es biologische Fitness oder Fruchtbarkeit andererseits. Ich möchte dabei einen historischen Überblick über die Idee bieten, dass körperliche Schönheit ein diagnostisches Instrumentarium für die seelischen, moralischen und/oder biologischen „Qualitäten" eines Individuums bereithalte. Letztlich ziele ich damit auf etwas ab, was ich für das wichtigste Moment einer kritischen Sozialpsychologie halte: Einen Möglichkeitshorizont offen zu legen dafür, dass die Art und Weise, in der wir hier und jetzt über „uns" selbst oder über „unsere" Körper nachdenken, nicht immer so gewesen ist und es daher auch nicht immer sein muss.
Die weiteren Termine der Vortragsreihe:
24. Mai
Stefanie Girstmair, Katharina Hametner und Markus Wrbouschek:
"Oder braucht Europa Grenzen, nicht nur geographische?" Identitätskonstruktionen und Orientalismus in den österreichischen Medien
21. Juni
Rolf Pohl:
Adoleszenz und Geschlecht. Über die Antriebskräfte männlicher Amok-Läufer an Schulen
19. April
Nora Ruck:
Die Physis als Zeichen für Leistungsfähigkeit oder biologische Fitness? Zur Geschichte der ›Entzifferung‹ körperlicher Schönheit
Die Arbeit am eigenen Körper und die Vergrößerung der ihm zugeschriebenen Schönheit sind beinahe zu einer bürgerlichen Pflicht in der spätkapitalistischen Leistungsgesellschaft geworden. Der bislang ungebrochene Trend, den eigenen Körper mit teils extremen Mitteln wie Schönheitschirurgie oder Hungerdiäten ästhetisch zu formen und umzugestalten, weist darauf hin, dass körperliche Schönheit mittlerweile in einem doppelten Sinne ein Merkmal gesellschaftlicher Leistungsträger_innen geworden ist: Sie verweist auf eine Arbeitsleistung und auf finanzielle Ressourcen, um sich die teils sehr teuren Eingriffe leisten zu können. Zuhauf widersprechen einer solchen Zeitdiagnose allerdings psychologische AttraktivitätsforscherInnen, denen zufolge körperliche Schönheit ein Zeichen für biologische Fitness sein soll, also etwa auf Fruchtbarkeit oder ein gutes Immunsystem hinweisen soll. Auf den ersten Blick stehen sich diese beiden Theorien unvereinbar gegenüber: Was (käuflich) erwerbbar und erarbeitbar ist, kann kein Laune der biologischen Natur sein und umgekehrt.
Ich will jedoch in meinem Vortrag zeigen, dass diese beiden Theorien über körperliche Schönheit eine wesentliche Gemeinsamkeit haben: Beide gehen davon aus, dass Schönheit ein Zeichen für etwas „Anderes" ist, sei es Arbeitsfähigkeit oder finanzielle Potenz einerseits, sei es biologische Fitness oder Fruchtbarkeit andererseits. Ich möchte dabei einen historischen Überblick über die Idee bieten, dass körperliche Schönheit ein diagnostisches Instrumentarium für die seelischen, moralischen und/oder biologischen „Qualitäten" eines Individuums bereithalte. Letztlich ziele ich damit auf etwas ab, was ich für das wichtigste Moment einer kritischen Sozialpsychologie halte: Einen Möglichkeitshorizont offen zu legen dafür, dass die Art und Weise, in der wir hier und jetzt über „uns" selbst oder über „unsere" Körper nachdenken, nicht immer so gewesen ist und es daher auch nicht immer sein muss.
Die weiteren Termine der Vortragsreihe:
24. Mai
Stefanie Girstmair, Katharina Hametner und Markus Wrbouschek:
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21. Juni
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